Ein Beitrag von Alfred Greubel.
Land schafft Verbindung ist eine Basisbewegung, die entstanden ist aus der tiefen Unzufriedenheit in der Bauernschaft.
Über Jahre keine kostendeckenden Erzeugerpreise, an die die Bauern sich fast schon gewöhnt haben und als unabänderlich, alternativlos begründet werden, aber ihren systembedingten Ursprung in der Mc Sharryreform der EU Agrarpolitik von 1992 haben.
Diese Ausrichtung der europäischen Agrarpolitik, die nun seit 1992 auf die Schaffung weltweiter Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Landwirtschaft setzt, ist das große Problem der Bauern, aber immer noch politisches Ziel. Die Ernährungsindustrie wird dadurch in die Lage versetzt auf den Weltmarkt zu exportieren. Die systembedingt durch die Bauern zur Verfügung gestellten billigen Rohstoffe, versetzen die Ernährungsindustrie in die Lage, auf dem Weltmarkt für sich noch Margen zu erzielen.
Selbst mit Massenprodukten, die so auf der ganzen Welt erzeugt werden und nichts mit Made in Germany zu tun haben.
Nun ist es so, dass dieses Ziel auf weltweite Wettbewerbsfähigkeit einen Intensivierungsdruck ausgelöst hat, der selbst in der Ausbildung und staatlichen Beratung gelehrt und vermittelt wurde.
Sicher muss auch ein politisches Ziel in Ausbildung und Beratung Niederschlag finden.
Als ich selbst mich mit dem Gedanken trug, meinen Hof mit Milchkühen auf ökologische Landwirtschaft umzustellen, war ich mir sehr unsicher ob ich das kann.
Ich war ein sehr überzeugter und gut ausgebildeter konventioneller Landwirt, der nicht von dem Motiv getrieben war, in und mit seiner konventionellen Wirtschaftsweise etwas falsch zu machen.
Vielmehr ließ mich die Milchkrise 2009 am konventionellen Milchmarkt verzweifeln und der Biomilchmarkt bot eventuell eine Chance.
Die Zweifel waren groß, ob ich Biolandwirt kann. Ob ich da gut genug bin.
Ich stellte einem alten Biobauern aus der Gegend die Frage: Was meinst Du, könnte ich das, wäre ich ein guter Biobauer. Die Antwort die ich bekam ließ mich lange an meiner Fähigkeit Biobauer zu sein zweifeln: „ Du bist bestimmt ein guter Biobauer. Aber hast Du die Bescheidenheit, damit klar zu kommen, was dann noch auf dem Acker wächst und was Du im Stall für Leistungen erzielen kannst?“
Das war die alles entscheidende Frage für mich geworden, ob ich die Umstellung wagen soll.
Was ich sagen will ist, dass die Bauern nun über Jahrzehnte in Kostenführerschaft, Intensivierung und Spezialisierung ausgebildet wurden und werden. Das politische Ziel wird geschult.
Unser Betrieb hatte einfach Glück, vor zehn Jahren die Umstellung in einen wachsenden Markt vollzogen zu haben, der mit der Nachfrage gerade so mithalten konnte.
Die ständigen Krisen in der konventionellen Landwirtschaft, gesellschaftlich, wertschöpfungsmäßig lassen nun aber die Bauern panisch eine Umstellung in Erwägung ziehen, so dass der Nachfragemarkt bei Bio wohl auch der Vergangenheit angehören wird.
Das setzen auf weltweite Wettbewerbsfähigkeit, wird jetzt auch den biologisch und regional wirtschaftenden Betrieben zum Verhängnis, da durch die Krisenhaftigkeit der konventionellen Märkte, die Umstellung auf Biolandwirtschaft provoziert wird und es keine Nachfragemärkte mehr sein werden.
Das dürfte auch ein Grund sein, warum sich Biobauern bei der LSV engagieren, dass die Märkte eben insgesamt in Ordnung gehalten werden.
Das müsste ein übergeordnetes politisches Ziel sein. Märkte gestalten, statt Krisen verwalten.
Die mit der Mc Sharryreform eingeführten Direktzahlungen, die das Absenken der Produktpreise auf Weltmarktniveau ausgleichen sollten, reichen heute lange nicht mehr aus, diesen Ausgleich zu schaffen, noch dazu weil sie gesellschaftlich über immer neue Auflagen (Greening) gerechtfertigt werden.
Durch das Volksbegehren „Rettet die Bienen“ wurde nun eines ganz deutlich, was durch Greening und viele weitere gesellschaftliche Forderungen schon einige Jahre schwelt.
Es gibt einen massiven Zielkonflikt, zwischen dem Anspruch von Politik und Ernährungsindustrie auf eine Landwirtschaft, die weltweit wettbewerbsfähig sein soll und billige Rohstoffe im Überfluss bereit stellt und dem Anspruch der Gesellschaft an eine Landwirtschaft, die das Tierwohl noch mehr beachtet, Böden schützt, klimafreundlich wirtschaftet usw.
Die Politik versucht nun über Auflagen, die Folgen ihrer verfehlten Agrarpolitik zu beheben, schafft aber mit den steigenden Kosten dafür einen weiteren Intensivierungsdruck. Dieser verhängnisvolle
Kreislauf muss endlich sofort unterbrochen werden.
Anständige kostendeckende Preise für das Produkt der Bauern, würde die Mittel aus den Ausgleichszahlungen frei machen, um von der Gesellschaft geforderte zusätzliche Leistungen zu finanzieren.
Biobauern nehmen freiwillig höhere Auflagen und Kosten in Kauf, weil sie in den höheren Preisen für das Produkt eine Honorierung sahen.
Aber um dieses System umzustellen, braucht es eine Umsetzungsreihenfolge, die unbedingt zu beachten ist.
Eine Änderung des Zieles der europäischen Agrarpolitik hin zu kostendeckenden Produktpreisen, bringt freie Mittel für höhere Auflagen. Das ist die alles entscheidende Umsetzungsreihenfolge.
Eine Umschichtung von Subventionen von der linken in die rechte Hosentasche der Landwirte, mit denen die hohen Auflagen dann angeblich finanziert sein sollen, wird keine Akzeptanz schaffen. Im Gegenteil, es löst Proteste aus, Frustration, Intensivierungsdruck und treibt die Betriebe zur Hofaufgabe.
Die Bauern werden zerrieben zwischen diesem Zielkonflikt, der nun offen zu Tage tritt und der die Proteste ausgelöst hat. Düngeverordnung, Agrarpaket, Insektenschutzprogramm waren der letzte Tropfen in einem vollen Fass.
Die Industrie für künstliches Fleisch und Milch dürfte diesen aufkommenden Konflikt rechtzeitig erkannt, wenn nicht gar befeuert haben und zumindest ein großes Interesse haben, den Konflikt in der Öffentlichkeit am Laufen zu halten. Wie sonst könnte man die Verzehrsgewohnheiten der Menschen so effektiv und dauerhaft ändern, als wenn die Bauern medial immerzu am Pranger stehen.
Die Geburtsstunde der LSV.
Die etablierten Verbände haben sicher gegen unberechtigte Auflagen und einseitige Schuldzuweisungen gekämpft mit Stellungnahmen auf Papier.
Die wirkliche Mobilisierung der Bauern gelang aber erst unter dem Dach der LSV.
Das ist eine Frage, die sich sicher in den etablierten Verbänden gestellt wird. Warum gelingt der LSV die Mobilisierung?
Der eine Verband setzt auf eine enge Verbindung mit der Ernährungsindustrie und den vorgelagerten Handel, was ein gutes Netzwerk verspricht, Durchsetzungskraft bringt, aber auch den zu vertretenden Standpunkt auf einen kleinen gemeinsamen Nenner einschränkt.
Der andere Verband, unabhängig, nur den Bauern verpflichtet mit gutem Konzept. Ihm fehlt es dafür an Durchsetzungskraft, da Bauern und Ernährungsindustrie in Fragen der Rohstoffpreise verschiedene Interessen haben.
Die Mitglieder beider Verbände waren kaum noch zu mobilisieren.
Was wiederum unter dem Dach der LSV scheinbar problemlos gelingt.
Es gibt wohl in der Bauernschaft ein großes Verlangen, nach einem gemeinsamen Arbeiten, welches sie unter dem Dach von LSV vereint.
LSV kann die Möglichkeit sein, zusammen Debatten zu führen, die Konzepte hervorbringen, welche dann alle Verbände mittragen und über ihre Schatten springen können.
Sicher bringt man nicht alle Bauern unter einen Hut. Das ist auch gar nicht notwendig.
Aber welche Gruppe in der Gesellschaft hilft und arbeitet so zusammen wie die Bauern?
Wir haben Maschinenringe, wir bilden uns gemeinsam fort, wir bauen zusammen, leben und arbeiten in Generationen zusammen auf unseren Höfen.
Das macht uns keiner nach.
Auf geht’s, mit Mut nach vorn, für den größten gemeinsamen Nenner und eine gerechte Sache.
Alfred Greubel, Landwirt aus Elfershausen
Möchten auch Sie einen Gastbeitrag schreiben? Dann nehmen Sie einfach Kontakt mit uns auf.
Hinterlasse jetzt einen Kommentar